Das Gemälde „Der Sturz der rebellierenden Engel“ von Pieter Bruegel der Älteren zählt zu den Meisterwerken der Kunstgeschichte. Es gehört seit 1846 den Königlichen Museen der Schönen Künste in Belgien. Der Kauf des Bildes beruhte damals auf der Annahme, es handele sich um ein Gemälde seines Sohnes Pieter Bruegel, der zur Unterscheidung als der Jüngere bezeichnet wird. Später wurde „Der Sturz der rebellierenden Engel“ dem niederländischen Maler
Hieronymus Bosch (1450 – 1560) zugerechnet. Erst 1898 konnte die wahre Urheberschaft geklärt werden. Das bis zu diesem Zeitpunkt verborgen gebliebene Datum und die Signatur (MDLXII / Brvegel) wurden in einer Ecke des Gemäldes entdeckt. Das Missverständnis kommt nicht von ungefähr, denn das Gemälde zeigt zahlreiche Abbildungen in der Manier von Hieronymus Bosch. Dennoch hat es im Detail Eigenarten, die Bruegel von Bosch unterscheiden.
Konfrontation zwischen Gut und Böse
„Der der rebellierenden Engel“ zeigt noch vor dem Höllensturz den Kampf zwischen dem Bösen in Gestalt des Engels Luzifer, auch als „Lichtbringer“ bezeichnet und mächtigster Engel. Er begehrt gegen Gott. Dieser reagiert mit dem Verweis aus dem Himmel. Ausführender ist der Erzengel Michael. Andere rebellierende Engel solidarisieren sich mit Luzifer und ziehen den Zorn Gottes auf sich. Er verwandelt sie zu Dämonen, die zukünftig in Finsternis leben müssen.
Der Sturz der rebellierenden Engel Detailausschnitt 1
Oben der Himmel, unten die Hölle
Der damaligen Vorstellung entsprechend war der Himmel oben und die Hölle unten. Bei Bruegel hat die Oberfläche des Gemäldes etwa zwei gleich große Teile. Der Himmel wird auf der oberen Fläche dargestellt, während der untere Teil die Hölle zeigt. Auch farblich ist ein Kontrast zu sehen, der den Himmel in hellen Farben und die Hölle in dunklen Tönen darstellt. Gleichzeitig vermischen sich Ocker- und Brauntöne. Auffallend ist, dass Bruegel sein Thema nicht nur gestalterisch zum Ausdruck bringt. Auch in der Gesamtkomposition und der Verwendung der Farben greift er den Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen auf.
Fokus liegt auf dem Erzengel Michael
„Der Sturz der rebellierenden Engel“ ist ein äußerst dramatisches und lebhaftes Gemälde, in dessen Zentrum der Erzengel Michael steht. Er trägt eine Rüstung, die golden glitzert. Mit seinen ausgebreiteten Flügeln wirkt er entschlossen und heiter. Seinen Optimismus hält er mit einem Schild in die Höhe. Auf dem weißen Untergrund prangt rot das Passionskreuz. Es handelt sich um das christliche Symbol der Auferstehung. Der rechte Fuß des Erzengels ruht auf dem Bauch eines siebenköpfigen Drachens. Dabei ist der Drachen der Offenbarung gemeint. Zugleich wird an dieser Stelle Bruegels Können deutlich. Er verbindet auf originelle Weise Anfang und Ende der Zeiten. Zeit und Raum verschmelzen in einem einzigen Bild. Über seinem Kopf hat Erzengel Michael das Schwert erhoben. Damit vernichtet er den Drachen der Offenbarung, der dann mit samt den gefallenen Engeln in die Hölle gestürzt wird. Zahlreiche teuflische Figuren auf dem Bild deuten an, was sie dort erwartet.
Aus Rebellen werden Dämonen
Auf dem facettenreichen Gemälde verwandeln sich die rebellierenden Engel beim Sturz in die Hölle in Monster und Dämonen. Beim Anblick einer behelmten Figur, die rechts neben Erzengel Michael platziert ist, stellen sich Assoziationen zu Hieronymus Bosch ein. Humorvolle Untermalungen sind ebenfalls auf dem Bild zu erkennen. Zum Beispiel der Teufel in der Nähe der Signatur. Er ist halb Eidechse und halb Mensch. Er drückt seine Verachtung aus, indem er dem Betrachter sein Hinterteil entgegenstreckt und sich dabei in die Wade beißt.
Alle Waffen seiner Zeit
Pieter Bruegel der Ältere war ein detailbesessener Maler. Es macht Freude, mit den Augen auf Reisen zu gehen, neue Facetten zu entdecken und sie zu deuten. Das Gemälde „Der Sturz der rebellierenden Engel“ weist Details auf, die das Werk zu einer Besonderheit machen. Dem Maler ist es gelungen, auf dem Bild nahezu alle Waffen seiner Zeit zu integrieren.
Der Sturz der rebellierenden Engel Detailausschnitt 2
Pieter Bruegel der Ältere – sein Werdegang
Das genaue Geburtsdatum des Künstlers ist unbekannt. Bruegel wurde vermutlich zwischen 1525 und 1530 im niederländischen Breda geboren und verstarb am 9. September 1569 in Brüssel. Der Maler der Renaissance wurde auch „Bauernbruegel“ genannt. Die Namensgebung bezieht sich auf seine zahlreichen Werke, die das bäuerliche Leben in den Niederlanden und in Flandern zum Thema habe. Über den Werdegang des Künstlers ist kaum etwas verbürgt. Er soll Schüler des Malers
Pieter Coecke van Aelst gewesen sein. Ab 1551 arbeitete er in Antwerpen in der Kupferwerkstatt von Hieronymus Cock. Bei einer Italienreise zwischen 1552 und 1555 entdeckte er seine Vorliebe für die Landschaftsmalerei. 1563 heiratete er Mayken Coeke, die Tochter seines Lehrmeisters. Zu Bruegels Förderern zählte der wohlhabende Antwerpener Sammler Niclaes Jonghelnick, der Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle und der Antwerpener Buchhändler und Geograph Abraham Ortellus. Neben der flämischen Landschaftsmalerei und der niederländischen Bauermalerei malte Bruegel zahlreiche allegorische Bilder. Zusammen mit seinem Sohn
Pieter Brueghel der Jüngere begründete er die Künstlerdynastie Bruegel.
Gott bestraft den Hochmut
„Der Sturz der rebellierenden Engel“ zeigt, wie Gott Hochmut bestraft. Dabei handelt es sich um ein beliebtes Thema, das auch von anderen Künstlern in Szene gesetzt wurde.
Albrecht Dürer schuf um 1500 eine Serie über die Apokalypse. Dabei entstand auch ein Holzschnitt, der den Erzengel Michael abbildet, wie er mit anderen Engeln dem Teufel zu Leibe rückt. Tintoretto hat sich 1592 ebenfalls mit dem Thema befasst. Das Bild, auf dem der Teufel in Gestalt des siebenköpfigen Drachens dargestellt ist, hängt heute in der Dresdner Galerie der Alten Meister.
Peter Paul Rubens hat einen Erzengel Michael mit einer schimmernden Rüstung gemalt. Er trägt einen wehenden roten Mantel. Das Gemälde ist in der Münchener Pinakothek zu sehen. In späteren Jahrhunderten haben sich unter anderem Künstler wie Marc Chagall, William Blake und Gustave Doré mit dem Höllensturz auseinandergesetzt. Dennoch ist die komplexe Bildsprache Pieter Bruegels ein Unterscheidungsmerkmal, das Seinesgleichen sucht und nicht nur sein Gemälde „Der Sturz der rebellierenden Engel“ zu einem außergewöhnlichen Kunstwerk macht.
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