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Licht, Wolken, Wasser. Eine knorrige Eiche, Sonnensprenkel auf Findlingen im lichten Wald. Die Fotografie war in der Mitte des 19. Jahrhunderts herablassend belächeltes Handwerk, das versuchte, mit der Malerei mitzuhalten, das mit Maschinen die Welt abbilden wollte. Und eine Kunst, die das Wunder vollbrachte die Welt in Schwarz-Weiß-Grau zu sehen.
Ein Leben wie aus einem Roman, der alle gängigen romantischen Künstler-Klischees bedient. Franzose, Künstler, Lebemann, Erfinder, Tüftler... Gustave Le Gray (1820–1884) passt dahin, in seine Zeit und nach Frankreich, wo er geboren wurde und die Malerei lernte, nach Rom und Italien, wo der junge Mann wie im klassischen Bildungsroman und wie Byron oder Stendhal sich der "großen Kunst" näherte, sich in die Italienerin Palmira Maddalena Gertrude Leonardi (die man sich unwillkürlich wie Sophia Loren vorstellt; tatsächlich sieht sie auf der von ihr erhaltenen Fotografie eher schüchtern-niedlich aus) verliebt, sie heiratet und mit ihr sechs Kinder zeugt. Er passt nach Paris in der Mitte des 19. Jahrhunderts, wo er sich der brandneuen Fotografie zuwendet, als einer ihrer Pioniere technische Verfahren entwickelt, erfolgreicher Hoffotograf des französischen Königs, von europäischem Adel und Bourgeoisie ist, ein "Photostudio" eröffnet, mit diesem – das Klischee eines Künstlers – bankrott geht – und – das Lebensklischee hört nicht auf! – Frau und Kinder verlässt, vor den Gläubigern in den Süden flüchtet, mit Alexandre Dumas rund ums Mittelmeer reist und als Kriegsfotograf der Franzosen in Syrien arbeitet. Seine Frau erstreitet sich um die 50 Francs monatlichen Unterhalt. Wie stellt man sich die letzten zwanzig Jahre, seine Zeit in Kairo, vor? Eine – in Le Grays Vorstellungswelt – bescheidene Existenz als Kunstlehrer und Fotograf, vorbei die "große" Zeit als gefeierter Fotokünstler, ein paar Aufträge des ägyptischen Vizekönigs, eine Liaison mit der neunzehnjährigen Anaïs Candounia, der Sohn der beiden wird ein Jahr vor Le Grays Tod geboren.
International berühmt wurde er mit den Meeresfotos: Brandung, Wellen, Molen, Segelschiffe unter und vor einem mit Wolken durchzogenen, vom Sonnenlicht durchbrochenen Himmel, Sonnenglanz auf dem Meer – Fotografien, die es damals eigentlich nicht hätte geben können. Le Gray fotografierte mit Kollodium-Nassplatten, einem Vorläufer des analogen Zelluloid-Films. Die nasse Glasplatte, mit einer Kollodium-Masse bestrichen und in eine Silbernitratlösung getaucht, wird dabei in einer Kassette in die Kamera gelegt. Farbtreue und Lichtempfindlichkeit waren sehr begrenzt. Wer Mitte des 19. Jahrhunderts ein Schiff auf dem Meer fotografiert, dessen Himmel wird normalerweise überbelichtet, verschwommen und fast weiß erscheinen. Für seine Meerbilder erfand Le Gray die Foto-Montage, bei der er mehrere kombinierte Negative zu einem Foto entwickelte. Meeres- und Himmelsfotos waren wurden dabei oft nicht einmal an derselben Stelle oder zur selben Zeit aufgenommen. Schon 1868 waren diese Bilder so berühmt, dass sie in die Sammlung des Victoria and Albert Museum aufgenommen wurden. Obwohl heute nur Insider den Namen Gustave Le Grays kennen, erzielen seine Fotografien – darunter auch die knorrigen Schönheiten von Fontainebleau, dem Wald, der beides, Urwald und Park, ist – Höchstpreise von bis zu 700.000 Euro.
Licht, Wolken, Wasser. Eine knorrige Eiche, Sonnensprenkel auf Findlingen im lichten Wald. Die Fotografie war in der Mitte des 19. Jahrhunderts herablassend belächeltes Handwerk, das versuchte, mit der Malerei mitzuhalten, das mit Maschinen die Welt abbilden wollte. Und eine Kunst, die das Wunder vollbrachte die Welt in Schwarz-Weiß-Grau zu sehen.
Ein Leben wie aus einem Roman, der alle gängigen romantischen Künstler-Klischees bedient. Franzose, Künstler, Lebemann, Erfinder, Tüftler... Gustave Le Gray (1820–1884) passt dahin, in seine Zeit und nach Frankreich, wo er geboren wurde und die Malerei lernte, nach Rom und Italien, wo der junge Mann wie im klassischen Bildungsroman und wie Byron oder Stendhal sich der "großen Kunst" näherte, sich in die Italienerin Palmira Maddalena Gertrude Leonardi (die man sich unwillkürlich wie Sophia Loren vorstellt; tatsächlich sieht sie auf der von ihr erhaltenen Fotografie eher schüchtern-niedlich aus) verliebt, sie heiratet und mit ihr sechs Kinder zeugt. Er passt nach Paris in der Mitte des 19. Jahrhunderts, wo er sich der brandneuen Fotografie zuwendet, als einer ihrer Pioniere technische Verfahren entwickelt, erfolgreicher Hoffotograf des französischen Königs, von europäischem Adel und Bourgeoisie ist, ein "Photostudio" eröffnet, mit diesem – das Klischee eines Künstlers – bankrott geht – und – das Lebensklischee hört nicht auf! – Frau und Kinder verlässt, vor den Gläubigern in den Süden flüchtet, mit Alexandre Dumas rund ums Mittelmeer reist und als Kriegsfotograf der Franzosen in Syrien arbeitet. Seine Frau erstreitet sich um die 50 Francs monatlichen Unterhalt. Wie stellt man sich die letzten zwanzig Jahre, seine Zeit in Kairo, vor? Eine – in Le Grays Vorstellungswelt – bescheidene Existenz als Kunstlehrer und Fotograf, vorbei die "große" Zeit als gefeierter Fotokünstler, ein paar Aufträge des ägyptischen Vizekönigs, eine Liaison mit der neunzehnjährigen Anaïs Candounia, der Sohn der beiden wird ein Jahr vor Le Grays Tod geboren.
International berühmt wurde er mit den Meeresfotos: Brandung, Wellen, Molen, Segelschiffe unter und vor einem mit Wolken durchzogenen, vom Sonnenlicht durchbrochenen Himmel, Sonnenglanz auf dem Meer – Fotografien, die es damals eigentlich nicht hätte geben können. Le Gray fotografierte mit Kollodium-Nassplatten, einem Vorläufer des analogen Zelluloid-Films. Die nasse Glasplatte, mit einer Kollodium-Masse bestrichen und in eine Silbernitratlösung getaucht, wird dabei in einer Kassette in die Kamera gelegt. Farbtreue und Lichtempfindlichkeit waren sehr begrenzt. Wer Mitte des 19. Jahrhunderts ein Schiff auf dem Meer fotografiert, dessen Himmel wird normalerweise überbelichtet, verschwommen und fast weiß erscheinen. Für seine Meerbilder erfand Le Gray die Foto-Montage, bei der er mehrere kombinierte Negative zu einem Foto entwickelte. Meeres- und Himmelsfotos waren wurden dabei oft nicht einmal an derselben Stelle oder zur selben Zeit aufgenommen. Schon 1868 waren diese Bilder so berühmt, dass sie in die Sammlung des Victoria and Albert Museum aufgenommen wurden. Obwohl heute nur Insider den Namen Gustave Le Grays kennen, erzielen seine Fotografien – darunter auch die knorrigen Schönheiten von Fontainebleau, dem Wald, der beides, Urwald und Park, ist – Höchstpreise von bis zu 700.000 Euro.